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Unter den in Thüringen geborenen Komponisten strahlt das Doppelgestirn Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach in besonderer Weise hervor. Sie mit einem gewichtigen Teil ihres Chorschaffens auf dieser Website darzustellen, lag herausfordernd auf der Hand. Und in diesem Bereich dürfte wohl das Motettenwerk beider die verbreitetste und beliebteste Gattung sein.

Bei der Darstellung der „Geistlichen Chormusik“ war beabsichtigt, sie möglichst vielen, die sich damit noch nicht beschäftigen konnten, so eingängig und leicht lesbar wie möglich zu gestalten. Für ungeübte Sänger bilden die über die angedeuteten Taktstriche hinaus zu haltenden Töne bisheriger Ausgaben – so lobenswert diese Darstellung auch sein mag – ein große Hürde. Unsere heutigen Sänger sind es gewöhnt, in Takten zu zählen, und somit stellt die lineare, taktlose Schreibweise der damaligen Zeit sie vor größere Probleme. Dieses wird in der Neuausgabe durch die Darstellung mit Haltebögen gelöst. Die Notenwerte sind nun leicht nachzuzählen.

In den Schütz’schen Originalstimmen gibt es keine Taktstriche, man las linear und konnte die Wort- und Silbenbetonung frei wählen. Unsere heute gängige Taktierung setzt gewöhnlich Betonungen auf die Eins und ggf. auf die Zählzeit einer Nebenbetonung. Um diese „Fehlleitung“ zu vermeiden, wurde in einigen Motetten die Taktierung bewußt wechselnd gewählt, damit sie der sinngebenden Wort- und Silbenbetonung gerecht werden kann. Grundsätzlich bleibt die Wort- und Silbenbetonung vorrangig aus dem Textsinn heraus zu wählen. Die „künstliche“ Takteinteilung kann nie allen Stimmen gerecht werden.

In den Schütz’schen Generalbass-Stimmen ist zwar eine Taktierung vorhanden, die aber den letztgenannten Kriterien leider auch nicht immer gerecht wird. Ältere Ausgaben haben diese Taktierung andeutend für den ganzen Chorsatz übernommen, erzeugen aber weitgehend auch die damit verbundenen Probleme. Man darf hoffen, dass die hier verwendete Taktierung sowohl Sängern als auch Dirigenten die wort- und sinnbezogene Interpretation erleichtert.

Auf dynamische und tempobezogene Zusätze wurde strikt verzichtet, da diese im Original nicht vorhanden sind und die interpretatorische Freiheit nur einschränken.

In einigen Motetten mit schnellem Dreier-Metrum kommt es zu Hemiolenbildungen, welche von ungeübteren Chorleitern oft gar nicht erkannt werden. Hemiolen sind Betonungsverschiebungen im schnellen Dreiertakt. Die beiden letzten Dreiertakte vor Schlüssen oder Halbschlüssen sind zu einem Dreiertakt im nächsthöheren Notenwert zusammenzufassen. Das Tempo wird dadurch gewissermaßen „ausgebremst“ und es entsteht eine Abschlußwirkung. Das Tempo verändert sich dabei nicht - Viertel bleibt Viertel - nur die Betonung verschiebt sich.