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geb. am 16. September 1796 in Benshausen / Thüringen
gest. am 19. Dezember 1857 in Wettingen / Aargau

Als Sohn eines Hammerschmiedes erhielt Daniel Elster den ersten Musikunterricht beim Kantor seines Heimatortes. Das Talent seines Sohnes erkennend, gab ihn der Vater zum Suhler Kantor Bornemann in die weitere Ausbildung. Dem allzu strengen Lehrer entzog sich Elster nach einer gewissen Zeit und „entfloh“ wieder in sein Elternhaus, sehr zum Missfallen seines Vaters, der ihn zurückschickte.

Da Benshausen damals noch kursächsisch war, bezog Elster 1809 das Gymnasium in Freiberg. Hier lernte er die Schattenseiten der damals noch mittelalterlich anmutenden Erziehungsmethoden kennen. Die Wirren der Befreiungsschlachten in Sachsen und speziell um Freiberg ließen im Herbst 1813 keinen Unterricht mehr zu und Elster kehrte in seinen Heimatort zurück. Seine Schulzeit beendete er schließlich mit dem Abitur im berühmten Hennebergischen Gymnasium in Schleusingen.
Eine romantische Liebesbeziehung zu „Röschen“, der Tochter eines ortsansässigen, reichen Weinhändlers durchzieht sein weiteres Leben. Zunächst studierte Elster, dem Wunsche der Familie entsprechend, Theologie in Leipzig. Hier gründete er gemeinsam mit Landsleuten die Landsmannschaft „Thuringia“, deren erster Vorsitzender er wurde. Als Deputierter dieser Verbindung nahm Elster 1817 am Wartburgfest der Burschenschaften teil. In der Folge initiierte er die Gründung einer Burschenschaft in Leipzig.

Häufig in studentische Raufereien verwickelt, holte er sich bei einem Duell einen „Schmiss“, der ein weiteres Theologiestudium unmöglich machte. Er wechselte in die medizinische Fakultät. Letztendlich brachte ihm eine weitere Rauferei in der Stadt – an der er diesmal gar nicht beteiligt war – das „Consilium abeundi“ und die polizeiliche Ausweisung aus Leipzig ein. Er setzte sein Studium in Jena fort, meinte aber nach dem Attentat des Burschenschaftlers Karl Ludwig Sand gegen den Dichter Kotzebue (23. März 1819), dass er in Jena nicht mehr sicher sei und fasste gemeinsam mit einem Freund den Entschluss, nach Südamerika auszuwandern und sich dem Befreiungskampf Bolivars anzuschließen.

Auf Fahrten durch Holland und in London versuchten sie vergeblich eine Anwerbung nach Südamerika zu erlangen. Beim Versuch, dies von Frankreich aus zu erreichen, wurden sie in Paris aufgegriffen, in die Fremdenlegion gepresst und nach Korsika verbracht. Diese qualvolle Zeit wurde ihm durch sein musikalisches Talent erleichtert. Als Ordonnanz eines Offizieres konnte er sich in dem Dorfe Rogliano als Organist hervortun. Der Gemeinderat von Rogliano erreichte es, dass Elster vom Militärdienst beurlaubt wurde. Durch Unterrichtstätigkeit besserte er seine finanzielle Lage auf. Dennoch riskierte er einen Fluchtversuch, welcher misslang. Nach der Arrestzeit wurde er in Bastia in ein Musikkorps als Flötist eingereiht. Dort brachte ihm ein Klavierkonzert (ohne Noten!) Jubel, Geld und neue Schüler ein, darunter die Frau seines Obersts. Sie verhalf ihm zur Freiheit. Bei der nächsten medizinischen Visitation wurde er „untauglich“ geschrieben.

Elster setzte sein Studium in Würzburg fort, um abschließend zu promovieren. Jedoch zog ihn das missgünstige Schicksal, diesmal völlig unverschuldet, erneut in ein Duell, in dem er den Gegner vermeintlich tötete. Nur schnelle Flucht konnte ihn retten. Er schloss er sich den „Philhellenen“ an und zog mit ihnen in den Befreiungskampf der Griechen gegen die türkische Fremdherrschaft. Dabei setzte er seine medizinischen Kenntnisse ein und war als Bataillonsarzt tätig. In der Schlacht bei Petas geriet sein Bataillon durch Verrat in einen Hinterhalt und wurde völlig aufgerieben. Nur 18 Kameraden gelang die Flucht - darunter Daniel Elster. Nach Deutschland jedoch kam die Kunde, dass „alle die Fremden, die diesem unglücklichen Lande zu Hülfe eilten, umgekommen sind.“ Erst jetzt willigte Röschen in die von den Eltern seit längerem geforderte Heirat mit einem Arnstädter Kaufmann ein.

Auf „Irrfahrten“ durch Griechenland überstand er glücklich viele gesundheits- und lebensbedrohende Situationen; letztendlich landete er in Smyrna. Immer wieder wurde ihm die Musik und deren Wirkung auf seine Mitmenschen der „rettende Engel“.

Eine französische Schiffsmannschaft nahm ihn nach Marseille mit, wo er noch während der Quarantäne erfuhr, dass sein Röschen geheiratet hatte. In Verzweiflung beschließt er, der Heimat fern zu bleiben. Im Jahre 1823 kam Elster über Genf zunächst nach Basel, wo er eine erste Anstellung als Klavierlehrer fand. Kurz darauf erhielt er eine Berufung an das Lenzburger Lehrerbildungsinstitut. Hier in der Schweiz schloss er sich dem Kreis um Hans Georg Nägeli und Heinrich Pestalozzi an. In enger Zusammenarbeit mit seinem Lehrmeister und väterlichen Freund Hans Georg Nägeli wirkte er an der „Hebung des Volksgesanges“. Im Jahre 1825 erhielt er eine Lehrerstelle in Baden/Aargau, wo er 1826 den ersten Badener Männergesangverein gründete.

Im Jahre 1827 erhielt er zeitgleich zwei Briefe aus der Heimat. Im ersteren erfährt er, dass sein Vater gestorben ist, im zweiten teilt ihm Röschen mit, dass sie Witwe geworden ist. Da hält ihn nichts mehr zurück und er eilt nach Hause. Nun kann er sein Röschen heiraten und Ruhe und Frieden scheinen eingezogen zu sein. Ein neuer Freundeskreis formierte sich: aus Meiningen Ludwig Bechstein und Andreas Zöllner, der Benshäuser Superintendent Dr. Holzapfel, der Dichter Ludwig Storch aus Gotha, der Buchhändler und Verleger Conrad Glaser aus Schleusingen, Musiker des Meininger Theaters u. a.

Gemeinsam mit Röschen verwaltete er deren väterliches Anwesen, das Gut in Haubinda, im Heldburger Unterland und die Posthalterei in Hildburghausen, welche sie als Gasthof „Zum Sächsischen Hause“ einrichteten. In Haubinda erhielt er von Dorfburschen ein nächtliches Ständchen, das ihn ergriff und an seine Chorarbeit in der Schweiz erinnerte. Elster schrieb dazu in seinen „Fahrten eines Musikanten“:
Mein Wirken in der Schweiz für den Volksgesang war noch nicht verklungen, weder dort in jenem Lande der Freiheit, noch in meiner eigenen Seele. Jene Thätigkeit erschien als die von der Gottheit vorzugsweise mir bestimmte, sie erschien mir als ein würdiger, als ein heiliger Beruf. Diesem Beruf hatte die Liebe mich entführt, obschon nicht ganz; nur das großartige Wirken in der Schweiz fehlte in meinem kleinen, engeren Vaterlande. Ich vermochte nicht mit so bedeutenden Massen auf die Massen zu wirken, wie dort. Ich wohnte mit Röschen auf einem Gute, das meiner Frau gehörte, nahe der bayerischen Grenze, in jenem gesegneten Hügellande des gesangliebenden Frankens. Ich verwaltete das Gut, und die Klänge ruhten. Aber nicht auf lange. Eines Abends brachten mir die jungen Sänger eines Nachbardorfes einen Abendgesang. Da erwachte die Liebe zum Gesang wieder stark und mächtig in mir. Ich machte mir Vorwürfe, gerastet zu haben in Förderung der herrlichen Gesangeskunst. Neue Thätigkeit begann: ich sandte und fuhr auf den Dörfern meiner Gegend umher und warb für einen Männerchor. Zahlreicher Beitritt wurde zugesagt. Die unserer Besitzung nicht fern gelegene Stadt Hildburghausen betheiligte sich ebenfalls, und im gesang- und musikkundigen, biederen Oberlehrer Hummel am Seminar daselbst gewann ich einen wackeren Freund, der mein Bemühen hauptsächlich dadurch unterstützte und förderte, daß er dem neuerstandenen Sängerbunde in seiner Umgebung und bis hinauf nach Eisfeld Theilnehmer warb. So geschah und gelang es, daß nach einhalbjährigen Einüben ein Männerchor von 360 Sängern sich in der Nähe Hildburghausen’s, auf dem Stadtberg, zusammenfand und in der Kirche des Dorfes Eishausen zum ersten Mal eine Probe der erworbenen Fähigkeiten ablegte, welche Probe höchst gelungen ausfiel. Die wirkliche festliche Aufführung der einstudierten Gesänge fand acht Tage später in der Stadtkirche zu Hildburghausen statt, und allseitiger Beifall lohnte unser Mühen. Unablässig wirkten wir, Hummel und ich, in treuer Gemeinschaft weiter.
Bald hatte die Macht des Beispiels uns gegen dreißig Dorfgemeinschaften gewonnen, und wir durften eine Festaufführung in der Hauptkirche der Landesresidenz wagen, zu welcher unsere Sänger den für Manche 15 Stunden weiten Weg nicht scheuten. Sie fand am 28. März des Jahres 1832 statt; es war die Sängerschaar auf 600 Mann angewachsen, der erste Tenor war mit 175 Stimmen besetzt, der zweite Baß zählte 200 Stimmen. Die Aufführung gelang vortrefflich, selbst in der Schweiz hatte ich mich besseren Gelingens nicht zu erfreuen gehabt. Ich feierte einen innerlichen Triumph, doch auch die äußere Anerkennung des Hofes, wie der Stadt, fehlte nicht. Am Abend brachten wir dem Herzog von Meiningen, der mit Wärme alles Gute und Schöne schirmte, und seinem Hause einen feierlichen Nachtgesang im Schloßgarten mit Fackeln und bunten Laternen ein freudiges Lebehoch.  Gastlich nahm die Residenz die Söhne des Waldes auf. Die herzogliche Kapelle gab zu Ehren unseres Gesangvereins diesem ein Gratisconzert im Schießhause.  Es waren jene Tage ein Vorspiel der nachherigen Liederfeste, die in so mancher thüringischen Stadt Vielen unvergeßlich schöne Stunden schufen und im harmonischen Streben eine Einigung des deutschen Geistes, des Brudergeistes, anzubahnen strebten, welche leider der politische Hader und die unselige neue Spaltung, die dieser hervorrief, im Keime erstickte, mindestens wieder auf Jahre hinaus das Entfalten der Eintrachtsschwingen lähmte. Die politische Leidenschaft ist immer die flammheiße Teufelshand, die Unkraut säet auf das Gefilde des Schönen und unter die Weizensaat der Künste, sie ist ein, Kunstentfaltung, Völkerverkehr und Völkerglück schadenfroh vernichtender Dämon. Aber als solcher übt sie nun ein Mal ihre dämonische Macht und gewinnt sich solchen überlauten Anhang, daß alle Stimmen im Reiche des Schönen vor ihrem Grimm und Graus verstummen müssen. Die Politik war es, die unseren schönen, Geister und Herzen bildenden Verein wieder zerstörte.“ 

Aber auch das familiäre Glück war nicht von Dauer. Sein Röschen starb unerwartet am 2. Juni 1834 an den Blattern. Um sich von seinem Schmerz zu befreien, begann Elster die in der Schweiz vorkonzipierte Oper „Richard und Blondel“ zu vollenden, welche im Dezember 1835 im Meininger Theater uraufgeführt wurde.

Es folgte eine Zeit, die vom „Benshausener Freundeskreis“ geprägt war. Fröhlich ausgelassenes Feiern und  künstlerisch anregendes Miteinander prägten diesen Lebensabschnitt.

Im Bemühen, weitere Opern zu komponieren, folgte er einem freundschaftlichen Rat und lernte die Opernpraxis als Kapellmeister kennen. Das erste Engagement in Bamberg brachte ihm vor allem viele Schattenseiten des Theaters nahe: Undiszipliniertheit und Missgunst bestimmten den Alltag. Er fühlte sich hier an seinen Amtsvorgänger E.T.A. Hoffmann erinnert, dem in Bamberg ebenso übel mitgespielt wurde.  Mit einer fahrenden Opern- und Schauspieltruppe, reiste er durch verschiedene Städte Sachsens: Chemnitz, Freiberg (hier traf er viele alte Freunde aus seiner Gymnasialzeit wieder), Pirna und Bautzen. Es folgte eine Theatersaison im Winter 1838/39 in Lüneburg.

Im September 1839 folgte er einem Ruf in die Schweiz, wo er in Zürich eine Anstellung als Theaterkapellmeister mit 1000 Franken erhielt. Durch einen Zufall begegnete er seiner früheren Lieblingsschülerin Franziska Lang wieder, die er im Sommer 1840 heiratete. Es sollte eine glückliche und dauerhafte Beziehung werden.

1846 bekommt Elster erneut eine Anstellung als Musikprofessor an seiner alten Dienststelle, dem Lehrerseminar in Lenzburg, welches im Januar 1847 in das aufgehobene Kloster Wettingen verlegt wurde. Er veröffentlicht 1846 die „Schweizer Volkgesangschule“, ein theoretisch-praktisches Lehrbuch für Lehrende und Lernende. Von 1847-51 leitet er den großen Freiämter-Sängerbund. In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm die Schweiz 1849 das Bürgerrecht.
Bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, dirigierte er 1857 die Gemeinschaftschöre beim Aargauischen kantonalen Gesangsfest. Sein Auftritt wurde mit großer Begeisterung aufgenommen, es sollte sein letzter gewesen sein. Johann Daniel Elster starb am 19. Dezember 1857 in Wettingen / Aargau.

Elster schuf zahlreiche Lieder und Werke für Männerchor. Seine Oper „Richard und Blondel“ wurde, wie schon vermerkt, 1835 in Meiningen aufgeführt. Seine von ihm selbst höher eingeschätzte Oper „Des Bettlers Tochter“ kam leider nie zur Aufführung. Wie im Jahre 2007 von Matthias Bretschneider ermittelt werden konnte, stammt der allbekannte Kanon „O wie wohl ist mir am Abend“ von Daniel Elster.

Sein abenteuerliches Jugendleben und die zu Herzen gehende Liebesgeschichte zu seinem „Röschen“ wurde in dem Buch „Fahrten eines Musikanten“ von seinem Freund Ludwig Bechstein bearbeitet und herausgegeben. Eine Neuausgabe des Meininger Resch-Verlages (2007) ist unter der ISBN-Nr.: 3-9810525-8-7 zu beziehen.